Widmungen - heute und damals

 

 

Prof. Dr. Ernst Bloch (1885-1977), Tübingen:

Vorwort (August 1975) zur Dokumentation "Berufsverbote in Baden-Württemberg. Hexenprozesse des 20. Jahrhunderts?", Stuttgart 1975 (2. erw. Aufl. 1976)

„Eines ist diesen Betroffenen allen gemeinsam: sie sind antifaschistisch, demokratisch und sozialistisch eingestellt. ... Solcherart politisches Engagement war den herrschenden Kräften schon immer suspekt. Die Geschichte unseres Volkes kennt die verschiedensten Methoden, mit denen versucht wurde, unbequeme Kritiker mundtot zu machen. Der ‚Radikalenerlass’ und seine Handhabung in Baden-Württemberg ist zweifellos eine der hinterhältigsten, weil dadurch vom Grundgesetz ausdrücklich garantiertes politisches Engagement mit dem Makel der Verfassungsfeindlichkeit belegt wird. Das Ziel ist klar: an die Stelle des kritischen Bürgers soll der duckmäuserische Untertan treten ... Möge es gelingen ..., immer mehr Menschen davon zu überzeugen, dass die Berufsverbote zum Kehricht der Geschichte gehören.“

 

Hannsheinz Bauer (1909-2005), Würzburg; Dr. Georg Diederichs (1900-1983); Laatzen; Prof. Dr. Fritz Eberhard (1896-1982), Berlin (West); Karl Kuhn (1898-1986), Bad Kreuznach; Dr. Elisabeth Seibert (1896-1986), Kassel:

„Wir ehemaligen Mitglieder des Parlamentarischen Rats, die wir am 23. Mai 1949 das von uns erarbeitete Grundgesetz unterzeichnet haben, sehen in der Berufsverbotepraxis, wie sie durch den sogenannten Radikalenerlaß vom 28. 1. 1972 ausgelöst wurde - auch nach den inzwischen erfolgten Korrekturen - eine Gefahr für die von uns gewollte freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wir sehen diese Gefahr nicht nur in dem vom Grundgesetz unseres Erachtens nicht gedeckten Ausschluss einzelner Personen vom öffentlichen Dienst, sondern mindestens ebensosehr in der allgemeinen Verunsicherung, insbesondere der Jugend, durch die inzwischen entwickelte Verfassungsschutzpraxis. ...

Wir halten jedes Unterlaufen der Alleinzuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts auch ein Unterlaufen durch Verwendung des Begriffes »verfassungsfeindlich« - für unzulässig, gerade im Interesse der Erhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ...

Wir bitten Bundesregierung und Länderregierungen, dem Grundgesetz, insbesondere den Artikeln 3, 18, 21 und 33, voll zur Geltung zu verhelfen.“

Hannover, 18. März 1982

Wortlaut der vollständigen Erklärung

abgedruckt in: Erwin Siemantel, H.-D. Wohlfarth (Hg.): Der Fall Hans Peter. Entlassung eines „Verfassungsfeindes“. Dokumentation + Analyse. Eingeleitet von Ulrich Klug. Köln: presseverlag ralf theurer, 1982 (rechtspolitische schriften 1). ISBN 3-8161-0101-1.

 

Prof. Dr. Bernd Jürgen Warneken: Berufsverbot für Harald S.

 

Die Bücher liegen noch aufgeschlagen,
aber die Notizen daneben
werden nicht mehr gebraucht.

Deine Arbeit war gut, hieß es,
aber nur für die Schüler.

Von Grundrechten sprachst Du denen ,
die sich davorstellen,
zu häufig.

Gewiss, den Mund
verbinden sie Dir nicht,
nur: ein Ohr
soll nicht in der Nähe sein.

Bemüht, dass der Materialismus
sich nicht verbreite,
verbreiten sie die Erfahrung, dass Wissen
nichts ist ohne seine Anwendung.

und einzeln sich nicht
verwirklicht der Einzelne.

Dich isolierend, verweisen sie Dich
ans Kollektiv.
Da sie das Lehren verbieten,
erfährst Du, wo sie verwundbar sind.

Deshalb
bleiben die Bücher
aufgeschlagen.

 

(Original mit Widmung, 1974 für den Tübinger Lehrer Harald Schwaderer geschrieben)